Kinder- und Jugendmedizin 2022; 22(03): 185-189
DOI: 10.1055/a-1819-8708
Übersichtsarbeit

Determinanten für die Stressbelastung bei jungen Mädchen mit chronischen Kopfschmerzen

Influences for stress load in young girls with chronic headache
Simone Bung
1   Universität Trier
,
Helmut Saile
1   Universität Trier
,
Reinhold Laessle
1   Universität Trier
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ZUSAMMENFASSUNG

Chronische Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen sind ein häufiges Krankheitsbild, bei dem Stressfaktoren eine bedeutsame Rolle spielen. Aus der empirischen Literatur ergibt sich, dass die Stressbelastung der Jugendlichen erhöht ist, die Jugendlichen aber gleichzeitig nur über sehr eingeschränkte Fertigkeiten zur Bewältigung von Stresssituationen verfügen.

In der vorliegenden Arbeit wurde in einer kontrollierten Querschnittsstudie überprüft, welche Unterschiede sich beim Vergleich von Mädchen mit chronischen Kopfschmerzen mit einer Kontrollgruppe bezüglich Stressbelastung und Stressbewältigung zeigen. Darüber hinaus wurden die psychopathologischen Merkmale Ängstlichkeit und Depressivität erhoben und ein biologischer Indikator für chronischen Stress (die Cortisol-Aufwachreaktion) gemessen.

Mit multiplen linearen Regressionsanalysen wurde geprüft, welche Variablen die erlebte Stressbelastung beeinflussen.

Es wurden insgesamt 148 Mädchen untersucht im Altersbereich zwischen 13 und 17 Jahren. Stressbelastung und Stressbewältigung wurden mit dem SSKJ 3–8 gemessen. Speichelproben zur Bestimmung von Cortisol wurden zu Hause nach dem Aufwachen gesammelt.

Die Ergebnisse belegen eine höhere Stressbelastung der Mädchen mit Kopfschmerzen auf körperlicher und psychischer Ebene und eine größere Empfindlichkeit für die Wahrnehmung einer Situation als stressbezogen. Die Stressbewältigungsstrategien waren signifikant ungünstiger. Spezifisch für die Mädchen mit Kopfschmerzen fand sich eine erhöhte Cortisol-Sekretion nach dem Aufwachen. Als bedeutsame Einflussfaktoren für eine hohe psychologische Stressbelastung erwiesen sich die destruktive Stressverarbeitung sowie ein hohes Ausmaß an Ängstlichkeit und Depressivität. Bisher vorliegende Daten zur stressbezogenen Entstehung und Aufrechterhaltung von Kopfschmerzen bei Jugendlichen konnten bestätigt werden. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen sprechen dafür, in der therapeutischen Praxis ein besonderes Augenmerk auf die Einbeziehung von Angst und Depression zu richten.

ABSTRACT

Chronic headache in adolescents is frequent, and stress may play an important role. The empirical literature suggests, that stress load of headache sufferers is increased, but stress coping is limited. The present study investigated in a controlled design on a cross-sectional basis differences between girls with chronic headache and controls with regard to stress load and stress coping. Furthermore psychopathological characteristics such as anxiety and depression were measured and a biological indicator for chronic stress (the cortisol awakening response) was obtained. Multiple linear regression was used to identify variables, that have an influence on psychological stress load. 148 girls were investigated. Stress load and stress coping was measured by SSKJ 3–8. Saliva samples were collected at home after awakening. Girls with headache had a higher stress load and a higher stress vulnerability, but significant deficits in stress coping The cortisol awakening response was increased specifically for girls with headache. The results show a higher psychological stress load for the girls with headache and a higher stress vulnerability. Coping strategies were more inadequate. Influences for a high stress load were found for destructive stress coping and a high degree of anxiety and depression.

Results of regression analysis recommend for therapeutic practice to pay special attention on anxiety and depression in adolescents with chronic headache.



Publication History

Article published online:
22 June 2022

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